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Ermäßigter Mehrwertsteuersatz: Kommission verklagt Vereinigtes Königreich

26.02.2013  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Europäische Kommission.

Die Europäische Kommission hat beschlossen, das Vereinigte Königreich wegen seines ermäßigten MwSt-Satzes auf die Lieferung und Installation energiesparender Materialien beim Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen. Die beanstandete Regelung geht über das gemäß der MwSt-Richtlinie zulässige Maß hinaus.

Nach den MwSt-Vorschriften der EU können die Mitgliedstaaten auf die Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen im Wohnungsbau ermäßigte MwSt-Sätze anwenden, wenn ein sozialpolitischer Kontext gegeben ist. Energiesparende Materialien könnten unter bestimmten Voraussetzungen, d. h. wenn sie bei Bau, Renovierung und Umbau von Wohnungen einer sozialpolitischen Zielsetzung dienen, unter diese Bestimmung fallen.

Die MwSt-Richtlinie enthält jedoch keine Bestimmung, die einen ermäßigten MwSt-Satz speziell auf „energiesparende Materialien“ ermöglicht, weshalb die generelle Anwendung eines ermäßigten Satzes auf solche Materialien nicht gestattet ist. Mit der Anwendung eines ermäßigten MwSt-Satzes auf alle energiesparenden Materialien geht das Vereinigte Königreich somit über das nach EU-Recht Zulässige hinaus.

Die Liste mit Gegenständen und Dienstleistungen, auf die ein ermäßigter MwSt-Satz angewendet werden kann, wurde von den Mitgliedstaaten selbst einstimmig festgelegt, und die Mitgliedstaaten bestanden auch darauf, bei der Anwendung der Liste keinen Auslegungsspielraum zu lassen. Damit sollen Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt vermieden und zwischen allen Mitgliedstaaten gleiche Ausgangsbedingungen geschaffen werden.

Die Kommission ist sich bewusst, dass der ermäßigte MwSt-Satz für energiesparende Materialien mit dem „Green Deal“ des Vereinigten Königreichs zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden zusammenhängt. Wenngleich sie die Ziele dieses „Green Deal“ unterstützt (IP/13/89), ist sie nicht der Auffassung, dass ein Verstoß gegen die MwSt-Regeln der EU zu ihrer Verwirklichung beiträgt.

Wirtschaftsstudien haben gezeigt, dass ermäßigte MwSt-Sätze häufig nicht der beste Weg sind, um politische Ziele zu verwirklichen oder das Verbraucherverhalten zu verändern. Was die Verbesserung der Energieeffizienz anbelangt, ist ein ermäßigter MwSt-Satz aus verschiedenen Gründen nicht das wirkungsvollste Mittel, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Das hängt zum einen mit der Schwierigkeit zusammen, die betreffenden Erzeugnisse, die sich recht schnell entwickeln und verändern können, genau zu definieren, wodurch Unsicherheit bezüglich der Höhe der fälligen Steuer entsteht, und zum anderen damit, dass ein ermäßigter Steuersatz nicht auf die Bevölkerungsgruppen abzielt, die ihn am meisten benötigen, sondern dass er universell angewendet wird. Bei energieeffizienten Materialien dürften unter den Abnehmern zahlreiche Unternehmen sein, die ohnehin das Recht auf Vorsteuerabzug haben. Ermäßigte Steuersätze werden oftmals nicht in vollem Umfang durch niedrigere Preise an die Verbraucher weitergegeben.

Es gibt andere, effizientere Möglichkeiten, um im Rahmen des EU-Rechts energieeffiziente Materialien zu fördern, beispielsweise durch direkte Beihilfen.

Die Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist die letzte Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens.

Hintergrund: Die Europäische Kommission übermittelte dem Vereinigten Königreich am 21. Juni 2012 eine mit Gründen versehene Stellungnahme (IP/12/676). Da jedoch die im August 2012 erhaltene Antwort nicht zufriedenstellend war, beschloss die Kommission, den Gerichtshof anzurufen.

Bei der Kommission wird dieser Fall unter dem Aktenzeichen 2007/2449 geführt.


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