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Formen der unternehmerischen Betätigung ausländischer Unternehmen in Russland

15.11.2013  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V..

Der russische Markt bleibt für deutsche Unternehmen aufgrund seiner Größe und weiterhin bestehendem großen Wachstumspotential nach wie vor hochinteressant und die Präsenz in Russland ist für sie daher wichtig.

Der Mokauer Rechtsanwalt Dr. Oleg Mosgo, LL.M., Leiter des VDA Headoffices “Russland” und deutschsprachiger Anwalt in Russland, stellt in diesem Artikel die wichtigsten rechtlichen Formen der unternehmerischen Betätigung ausländischer, u.a. deutscher Unternehmen mit ihren Besonderheiten, Vor- und Nachteilen dar.

  1. Deutsche Unternehmen, die sich nicht auf den Vertrieb über Vertragshändler oder Handelsvertreter beschränken und die Marktbearbeitung unmittelbar betreiben wollen, haben die Wahl zwischen der Gründung einer Tochtergesellschaft und der Gründung einer Niederlassung.
  2. Eine Tochtergesellschaft kann in Form einer Aktiengesellschaft (AG) oder in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) nach russischem Recht gegründet werden. Dabei gilt die Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung als optimale Rechtsform für die Gründung einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft: das Verfahren der Gründung einer GmbH ist einfacher im Vergleich zur Gründung einer AG. Die Form einer GmbH ist auch zu Zwecken der Finanzierung durch die Muttergesellschaft viel günstiger. Darüber hinaus unterliegt die GmbH nicht der Wertpapierregulierung, die sich oft als aufwendig und hinderlich erweist. Mit Rücksicht darauf wird unten die Rechtsform der Gesellschaften mit beschränkter Haftung behandelt.
  3. Eine Niederlassung, die selbst keine selbstständige juristische Person ist und einen abgetrennten Teil der ausländischen Gesellschaft in Russland darstellt, kann ebenfalls in zwei Formen gegründet werden:
    • Repräsentanz (nichtkommerzielle Niederlassung), die grundsätzlich keine kommerzielle Tätigkeit, sondern nur die vorbereitende Tätigkeit und die Hilfstätigkeit ausüben darf;
    • Filiale (kommerzielle Niederlassung), die kommerzielle Tätigkeit im Rahmen des Tätigkeitsgegenstandes des Stammhauses ausüben darf.
  4. Die Wahl der Präsenzform ist von den gestellten Aufgaben abhängig. Nicht kommerzielle Repräsentanzen werden in erster Linie durch die ausländischen Firmen genutzt, die ihre Geschäftstätigkeit in Russland, welche hauptsächlich mit Warenvertrieb und Marketing verbunden ist, erst beginnen. Repräsentanzen dürfen insbesondere keine Zollabfertigung der Waren vornehmen und keinen Auslieferungslager für eingeführte Waren unterhalten. Bei größeren Warenabsätzen in Russland ist aber eine Tochtergesellschaft vorzuziehen, da die Tochtergesellschaft die Zollabfertigung und Erledigung anderer mit der Wareneinfuhr verbundener verwaltungsrechtlichen Formalitäten selbst vornehmen darf. Die Möglichkeit, ein eigenes Auslieferungslager in Russland zu unterhalten, bringt zusätzliche Absatzmöglichkeiten und Wettbewerbsvorteile. Die kommerziellen Niederlassungen (Filialen) werden in dem Fall gegründet, wenn die ausländische Firma die Ausübung einer bestimmten kommerziellen Tätigkeit in Russland beabsichtigt, die aber nicht hauptsächlich mit der Wareneinfuhr verbunden ist. Filialen werden insbesondere von Bauunternehmen und diversen Beratungsfirmen bevorzugt.
  5. Detaillierte Informationen über die erwähnten Unternehmensformen, einschließlich der wichtigsten Unterschiede zwischen ihnen sowie die allgemeine Beschreibung der Gründungsverfahren sind in der nachstehenden Tabelle wie folgt zusammengefasst:
Vergleich Tochtergesellschaft/ Filiale/ Repräsentanz
VERGLEICHS-MERKMAL TOCHTER-GESELLSCHAFT FILIALE REPRÄSENTANZ
1. Allgemeines Eine Tochtergesellschaft ist eine separate juristische Person, die durch eine andere natürliche oder juristische Person („Mutter­gesellschaft“) nach dem Recht der Russischen Föderation gegründet wird. Sie darf sämtliche wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben. Eine Filiale ist keine eigenständige juristische Person, sondern eine gesonderte Abteilung der ausländischen Gesellschaft („Stamm­haus”). Sie darf sämtliche oder ein Teil von den durch das Stammhaus praktizierenden Tätigkeiten ausüben. Eine Repräsentanz ist keine eigenständige juristische Person, sondern eine abgesonderte Abteilung der ausländischen Gesellschaft („Stammhaus”). Die Repräsentanz darf grundsätzlich keine kommerzielle Tätigkeit ausüben. Sie darf nur vorbereitende Tätigkeit und Hilfstätigkeit (z.B. Marketing, Kontakt­herstellung, Messe-Präsentationen) ausüben.
2. Erwerb von Vermögen Es gibt keine Einschränkungen hinsichtlich des Vermögenserwerbs. Nieder­lassungen sind nicht rechtsfähig und dürfen kein Vermögen im eigenen Namen erwerben. Das Vermögen wird durch das Stamm­haus erworben.
3. Beschaffung von Lizenzen Tochter­gesellschaften beschaffen gewerbliche Lizenzen und Erlaubnisse nach den allgemein geltenden Bedingungen. Filialen dürfen sämtliche für die Tätigkeit erforderlichen Genehmigungen und Lizenzen erhalten. In der Praxis aber ist das Verfahren der Lizenzierung einer Filiale komplizierter im Vergleich zur Lizenzierung einer Tochter­gesellschaft. Unmöglich ist dagegen der Erwerb von Lizenzen für den Zugang zu staats­geheimer Information. Repräsentanzen dürfen grund­sätzlich keine Lizenzen erhalten, da sie keine lizenz­pflichtigen geschäft­lichen Tätigkeiten in Russland ausüben dürfen.
4. Haftung der Muttergesell-schaft/ des Stammhauses Die Mutter­gesellschaft trägt das Verlust­risiko bei der Tätigkeit der Tochter­gesellschaft nur in Höhe von ihrem Anteil am Stamm­kapital der Tochter­gesellschaft. Die Mutter­gesellschaft haftet grund­sätzlich nicht für die Schulden der Tochter­gesellschaft. Das Stamm­haus haftet in vollem Umfang für die Schulden der Nieder­lassung.
5. Zoll-abwicklung Die Tochter­gesellschaft darf bei der Einfuhr von Waren in die Russische Föderation bei allen Zollverfahren als Zoll­deklarant auftreten und alle notwendigen Zoll­formalitäten im eigenen Namen abwickeln. Eine Nieder­lassung darf bei der Einfuhr von Waren nach Russland nur bei den folgenden Zoll­verfahren als Zoll­deklarant auftreten:
  • vorüber­gehende Verwendung;
  • Wieder­ausfuhr;
  • Einfuhr zu Zwecken des zollrechtlich freien Verkehrs – nur für die Waren, die für den Eigen­verbrauch eingeführt werden;
  • Versand­verfahren.
6. Gewinnsteuer Steuersatz 20%

Steuersatz 20%

Eine Filiale unterliegt der Gewinn­besteuerung nur hinsichtlich der Erträge, die durch das Stamm­haus in Russland mittels dieser Filiale erwirtschaftet werden. In der Praxis erweist sich allerdings die Abgrenzung der russischen Tätig­keiten der Filiale von den ausländischen Tätigkeiten des Stamm­hauses häufig als schwierig. Streitigkeiten über die Bestimmung der Bemessungs­grundlage der Gewinnsteuer treten aufgrund dessen häufig auf.

Keine Besteuerung, da die Repräsentanz keine kommerzielle Tätigkeit ausübt.

In der Praxis gehört die Fest­stellung des Charakters einer Tätigkeit allerdings zu den schwierigsten und oft umstrittenen Fragen der Gewinn­besteuerung. Bei Fest­stellung des kommerziellen Charakters einer Tätigkeit durch die Steuer­behörde, unterliegt die Repräsentanz der Gewinn­besteuerung nach den der Gewinn­besteuerung von Filialen ähnlichen Prinzipien.

7. Quellensteuer auf Gewinnausschüttung

Steuersatz 15%

Die Quellen­steuer ist durch die Mutter­gesellschaft mittels der Tochter­gesellschaft zu entrichten, die dabei als Steuer­agent agiert.

Durch das deutsch-russische Doppel­besteuerungs­abkommen (DBA) wird die Quellen­steuer auf 5% reduziert, falls die Mutter­gesellschaft einen Anteil in Höhe von mindestens 10% des Stamm­kapitals der Tochter­gesellschaft mit dem Nominal­wert von mindestens EUR 80.000 hält.

Keine Besteuerung der Gewinn­ausschüttung. Die Nieder­lassung ist eine unselbständige Abteilung und überweist die Gelder auf die Konten des Stamm­hauses frei von Ein­schränkungen und besteuerungs­frei.
8. Devisen-Kontrolle Eine Tochter­gesellschaft gilt als Resident der Russischen Föderation zu Zwecken der Devisen­kontrolle. Sie unterliegt keinen besonderen Einschränkungen, nur allgemeinen Regeln für den inner­russischen und grenz­über­schreitenden Zahlungs­verkehr. Eine Niederlassung gilt als Nichtresident der Russischen Föderation zu Zwecken der Devisenkontrolle. Alle Transaktionen einer Nieder­lassung mit russischen natürlichen und juristischen Personen gelten als grenz­über­schreitende Geschäfte und unterliegen der Devisen­kontrolle, die von Geschäfts­partnern oft als lästig und aufwendig wahrgenommen wird.
9. Finanzierung / Investitions-rückführung Jedes Finanzierungs- bzw. Investitions­rückführungs­verfahren bedarf einer formellen rechtlichen Grundlage (i.e. Abschluss eines Vertrags, Beschluss über die Gewinn­aus­schüttung usw.), die dabei auch als Grundlage der Besteuerung in Russland und im Ausland dienen kann. Es gelten keine Einschränkungen oder Steuer­belastungen bei der Finanzierung durch das Stammhaus. Da eine Nieder­lassung als eine unselbständige Abteilung des Stamm­hauses gilt, können Finanz­mittel von ihren Konten in Russ­land auf die Konten des Stamm­hauses frei transferiert werden.
9.1. Formen der Finanzierung Es gibt folgende übliche Formen der Finanzierung von Tochter­gesellschaften durch die Mutter­gesellschaften:
  1. Einlage in das Stammkapital der Tochter­gesellschaft;
  2. Einlage in das Vermögen der Tochter­gesellschaft;
  3. Gesellschafter-Darlehen.
Die Finanzierung erfolgt durch die direkte Ausstattung mit dem Kapital, die un­eingeschränkt und ohne steuerliche Belastung erfolgt (z.B. Geld­überweisungen auf die Konten der Nieder­lassung).
9.2. Formen der Investitions-Rückführung Es gibt folgende übliche Formen für die Investitions­rückführung durch die Tochter­gesellschaft:
  1. Gewinnausschüttung,
  2. Zinsdienst und Tilgung von Gesellschafter­darlehen,
  3. Lizenzgebühren nach Lizenzverträgen,
  4. Pacht- und Leasing­zahlungen nach Pacht- bzw. Leasing­verträgen hinsichtlich des durch die Mutter­gesellschaft zur Verfügung gestellten Vermögens (z.B. Maschinen),
  5. Transferpreise.
Die Investitionsrückführung erfolgt durch direkte Geld­überweisungen auf die Konten des Stamm­hauses.
10. Dauer der Tätigkeit Unbeschränkte Dauer. Maximale Dauer beträgt 5 Jahre. Die Beantragung einer Verlängerung ist nach Ablauf dieser Frist möglich. Maximale Dauer beträgt 3 Jahre. Die Beantragung einer Verlängerung ist nach Ablauf dieser Frist möglich.
11. Höhe des Stammkapitals Das Mindest­stamm­kapital beträgt RUR 10.000,00 (ca. EUR 250,00), nach oben offen. Es wird kein Stammkapital gebildet.
12. Dauer des Gründungs­verfahrens Ungefähr 6 bis 8 Wochen nach Vorliegen sämtlicher Dokumente und Informationen. Im Allgemeinen ungefähr 8 bis 10 Wochen nach Vorliegen sämtlicher Dokumente und Informationen. Im Allgemeinen 18 Arbeitstage bis 10 Wochen nach Vorliegen sämtlicher Dokumente und Informationen.
13. Kosten

Registrierungsgebühr:
RUR 4.000,00 (ca. EUR 100,00)

Stammkapital:
mindestens RUR 10.000,00 (ca. EUR 250,00)

Auslagen:
Notargebühren, Übersetzungs­kosten, Versand­kosten ca. EUR 500,00

Anwalts­kosten:
nach Vereinbarung

Akkreditierungsgebühr:
RUR 120.000,00 (ca. EUR 3.000,00)

Gebühr der Staats­registrierungs­kammer:
von ca. EUR 1.000,00 bis ca. EUR 2.500,00 abhängig von der beantragten Akkreditierungs­periode

Auslagen:
Notargebühren, Übersetzungs­kosten, Versand­kosten ca. EUR 500,00

Anwaltskosten:
nach Vereinbarung

Gebühr der Akkreditierungs­behörde:
von ca. EUR 1.000,00 bis ca. EUR 2.500,00 abhängig von der beantragten Akkreditierungs­periode

Auslagen:
Notargebühren, Übersetzungs­kosten, Versand­kosten ca. EUR 500,00

Anwaltskosten:
nach Vereinbarung

 

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