04.12.2018 — Markus Hiersche. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Nachbarschaftsstreitigkeiten sind ein wahrer Volkssport. Das belegen auch statistische Zahlen: 2014 haben sich rund 40 Prozent der Deutschen nach eigenen Angaben schon einmal mit einem Nachbarn gestritten. Oft geht es um Kleinigkeiten: Die Hecke des Nachbarn wuchert, im Treppenhaus liegt Dreck oder die Lärmbeschallung ist zu groß.
Manchmal geht es aber auch um einige Millimeter. So auch in Berlin-Köpenick. Dort beschloss die Eigentümergemeinschaft eines kürzlich errichteten Reihenendhauses, diesen im Sinne von Umweltschutz und Energieeffizienz mit einer Wärmedämmung zu versehen. Da der Neubau aber direkt an das Nachbarsgrundstück grenzt, ragte die Dämmschicht sieben Zentimeter in das benachbarte Grundstück hinein. Diese sieben Zentimeter war der betroffene Nachbar noch gewillt zu akzeptieren. Als man ihm jedoch mitteilte, noch eine fünf Millimeter dicke Putzschicht auf der Dämmung anzubringen, riss die Hutschnur: Er untersagte den benachbarten Häuslebauern ihr Vorhaben – und wurde von diesen als Folge verklagt. Der unerbittlich ausgetragene Streit um fünf Millimeter zog sich über mehrere Instanzen und landete schließlich vor dem Bundesgerichtshof.
Dieser wies die Klage der Eigentümergemeinschaft – Energieeffizienz hin oder her – ab. Der Grund: Das Haus wurde zu einem Zeitpunkt errichtet, als die Energieeinsparverordnung (EnEV) von 2001 bereits seit einigen Jahren galt. Nach dieser müssen Neubauten gewisse energetische Mindestanforderungen erfüllen, was bedeutet, dass sie gedämmt werden müssen. Die Häuslebauer hätten die mehrere Zentimeter dicke Dämmschicht also von vornherein mit einplanen können und müssen. Die geltenden Vorschriften zu ignorieren, auch wenn dies unabsichtlich erfolgt sein sollte, und später die Dämmschicht aufzutragen, ist aus Sicht der Richter nicht zulässig. Grenzverletzung bleibt in diesem Fall Grenzverletzung.
Falls Sie also selbst im Begriff sind, ein Haus zu bauen sollten Sie gewissenhaft jeden Zentimeter kalkulieren. Das Gesetz legt das Millimetermaß ganz genau an.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.06.2017, Aktenzeichen: V ZR 196/16Themen
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