03.12.2019 — Matthias Wermke. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Gerade in der Vorweihnachtszeit wird man in den letzten Jahren mit der einstmals kalten, doch sich nun wortwörtlich erwärmenden Realität konfrontiert, dass die weiße Weihnacht ein Bild ist, das bloß noch durch Kult-Filme und besinnliche Evergreens der Adventszeit reproduziert wird. Zum Glück muss Bing Crosby nun nicht mehr Zeuge der Entwicklung werden, dass sein 1942 besungener Traum von „White Christmas“ – zumindest in unseren Breitengraden – ausgeträumt ist.
Doch Traditionen und Idealvorstellungen sind wandlungsfähig und können sich durchaus mit den Gegebenheiten neuer Zeiten arrangieren. Allerdings braucht es hin und wieder auch die Bereitschaft der Menschen, die die Grundlage dafür schaffen.
Denn wer weiß, vielleicht ist es eines Tages die verregnete Weihnacht, die besungen wird: Kinder, die in Pfützen statt Schneeengel Wasserengel machen, Schneeballauseinandersetzungen, die der Wasserschlacht weichen, Knecht Ruprecht, der statt der Rute einen Regenschirm bei sich trägt und der Weihnachtsmann, der Schlitten und Rentiere gegen ein Motorboot eintauscht.
Das Leben ist ein dauernder Kampf gegen Veränderungen, die bewältigt werden müssen und so ist alles eine Frage der Anpassungsfähigkeit. Doch manche zelebrieren stoisch die Haltung des Stillstands und weigern sich, mit der Zeit zu gehen. Besonders ärgerlich ist es dann, wenn diese Menschen in entscheidenden Positionen sitzen.
Das zeigt sich an einem Fall, in dem das Verwaltungsgericht Mainz offenbar nicht der Meinung war, dass Regen ein uns nun immer häufiger begleitender Zustand sein wird – oder zumindest dass die Gemeinde nicht dazu verpflichtet wäre, ihre Bürger*innen vor Regenwasser zu schützen.
Ein Grundstückseigentümer hatte nämlich darauf geklagt, dass ihm die Gemeinde eine Mauer zum Schutz gegen Starkregen auf dessen Anwesen bauen müsse. So sei im geltenden Bebauungsplan ein Regenrückhaltebecken vorgesehen. Da dies aber nie umgesetzt wurde, sammle sich nun das Regenwasser und staue sich auf.
Diese Klage wurde jedoch vom Gericht abgelehnt. Denn Bürger*innen hätten keinen Anspruch darauf, städtebauliche Ziele zu einem bestimmten Zeitpunkt geltend zu machen. Ein Bebauungsplan könne also zwar vorliegen, die betroffenen Bürger*innen hätten aber kein Recht darauf, aus diesem Plan eine Vollziehung durch die Gemeinde zu erwirken.
So ärgerlich das nun für den Kläger sein mag, kann man daraus zumindest die Erkenntnis ableiten, dass mangelnde Anpassungsfähigkeit gleich verteilt sein kann und eine Frage der Perspektive ist. Denn sind es nun Stadt und Gericht, die die Notwendigkeit einer solchen Mauer nicht erkennen und sich daher in die rechtlichen Nischen des Bebauungsplans verkriechen? Oder ist es der Kläger, der trockeneren Zeiten hinterhertrauert und nicht versucht, das Beste aus der Situation zu machen? Er könnte z. B. einen Teich anlegen.
Mit Weihnachten verhält es sich also manchmal genauso wie mit Mietrechtsurteilen: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.
Gericht: Verwaltungsgericht Main, Aktenzeichen: 3 K 532/18
Bild: markusspiske (Pixabay, Pixabay License)
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