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Häusliches Arbeitszimmer (Kommentar von Udo Cremer)

19.02.2013  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind im Falle einer gemischten Nutzung teilweise abziehbar, soweit das Arbeitszimmer büromäßig eingerichtet ist und eine Aufteilung zumindest im Schätzungswege möglich ist. Dies entschied das niedersächsische Finanzgericht.

Der Kläger bewohnte mit seiner Ehefrau in dem beiden Ehegatten gehörenden Objekt „R in X“. Die Eheleute wurden zusammen veranlagt. Der Kläger erhielt eine Altersrente sowie eine Leibrente aus der privaten Rentenversicherung, daneben inländische Zinsen und inländische Erträge aus Aktien. Er ist Eigentümer der Objekte „A“ und „B“. In den zuletzt genannten Objekten in … befinden sich insgesamt neun Wohnungen, im Objekt „A“ … fünf Wohneinheiten; außerdem befanden sich in … fünf Garagen. Die Garagen waren nicht an die Mieter der Wohneinheiten vermietet. Der Kläger erklärte aus der Vermietung der Wohnungen „A“ … Mieteinnahmen für das Streitjahr (einschließlich Umlagen) in Höhe von 35.301 €. Er machte insoweit Werbungskosten in Höhe von 8.137 € für Gartenarbeiten und die Errichtung eines Gartenhauses geltend. In den erklärten sonstigen Kosten sind Anzeigekosten von 57,87 €, ein Kostenvorschuss für eine Klage in Höhe von 243 € sowie pauschale Fahrtkosten mit dem Pkw für 60 km in Höhe von 18 € enthalten. Hinsichtlich des Objekts B in … erklärte der Kläger Mieteinnahmen (einschließlich Umlagen) in Höhe von 55.792 € sowie 2.954 € aus der Vermietung sonstiger Flächen. In diesem Zusammenhang machte der Kläger Aufwendungen für Kleinreparaturen 3.307,33 € … sowie Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 20.956,77 € … geltend, von denen 16.020,10 € auf Fremdarbeiten (Elektro-, Maler- und Sanitärarbeiten) entfielen. Zu den sonstigen Kosten zählten Aufwendungen für Anzeigen in Höhe von 172,90 €, Maklergebühren von 226,20 € sowie Kosten für Telefon und Porto von zusammen 84,95 € sowie pauschale Fahrtkosten mit dem Pkw für 600 km von 180 €.

Mit dem Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid vom 18.10.2007 machte der Kläger - neben anderen Punkten - erstmals geltend, ihm seien Aufwendungen in Höhe von 804 € für ein häusliches Arbeitszimmer im Objekt „A“ in … entstanden. Diese Aufwendungen seien als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar, da das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit darstelle. Ergänzend verwies er insoweit auf einen „Tätigkeitsbericht“ über die Arbeiten, die er im häuslichen Arbeitszimmer verrichtet habe, sowie auf Fotos vom Arbeitszimmer. Auf dem Foto befinden sich u. a. ein Schreibtisch, Büroschränke und Regale sowie diverse Leitzordner. Im Arbeitszimmer steht ein Computer. Die Aufwendungen in Höhe von 804 € setzen sich zusammen aus 218 € AfA zuzüglich 586 € der anteiligen sonstigen Kosten (Gebäudeversicherung, Niederschlagswasser, Grundbesitzabgaben, Zinsen, Energiekosten). Das Finanzamt ließ die Aufwendungen nicht zum Abzug zu und half dem Einspruch lediglich hinsichtlich der übrigen geltend gemachten Streitpunkte ab.

Die Klage ist überwiegend begründet. Das Finanzamt hat einen Abzug in Höhe von 60 % der Aufwendungen für das häusliches Arbeitszimmer zu Unrecht versagt (FG Niedersachsen, Urteil vom 24.4.2012 - 8 K 254/11; Revision eingelegt, BFH-Az. IX R 23/12). Die Aufwendungen für das Arbeitszimmer waren i.H.v. 60 % der entstandenen Raumkosten abziehbar. § 4 Abs. 5 Nr. 6b) EStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung bestimmt, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Dies gilt nicht, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 vom Hundert der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 Euro begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Der Mittelpunkt der beruflichen Betätigung des Klägers befand sich nicht in dem Arbeitsraum. Das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen, der seine berufliche und/oder betriebliche Tätigkeit teilweise in seinem Arbeitszimmer und teilweise außer Haus ausübt, ist "Mittelpunkt" i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG, wenn der Steuerpflichtige im Arbeitszimmer diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind. Der "Mittelpunkt" bestimmt sich mit anderen Worten nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen.

Unstreitig war der Kläger in quantitativer, aber auch in qualitativer Hinsicht überwiegend „außer Haus“ tätig. Abgesehen davon machte der Kläger auch keine höheren Aufwendungen als 1.250 EUR geltend. Da dem Kläger kein anderer Arbeitsplatz für seine Tätigkeit im Rahmen der Vermietung zur Verfügung steht, ist dem Grunde nach bis zu diesem Betrag (1.250 EUR) ein Abzug als Werbungskosten möglich, zumal der Kläger auch glaubhaft vorgetragen hat, mehr als 50 % seiner Arbeitszeit im Zusammenhang mit der Vermietungstätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer zu verrichten. Der Kläger kann 60 % der geltend gemachten Aufwendungen (804 EUR x 60% = 482 EUR) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen, obwohl er den Arbeitsraum zur Überzeugung des Senats nicht (nahezu) ausschließlich zur Einkünfteerzielung nutzte. Eine Nutzung im Umfang von 60 % hat er indes nachgewiesen. Zur Überzeugung des Senats hat der Kläger das Arbeitszimmer zu mehr als der Hälfte für Vermietungszwecke genutzt. Er hat glaubhaft dargelegt, dass er zahlreiche Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Vermietungstätigkeit vom Arbeitszimmer aus verrichtet hat. Die private Mitbenutzung (Aufbewahrung von privaten Versicherungsunterlagen und Kontoauszüge, private Computernutzung, sonstige Tätigkeiten) ist zwar mehr als nur geringfügig zu bewerten, allerdings nicht gleichwertig, so dass eine Nutzung für Vermietungszwecke im Umfang von 60 % anzunehmen ist.

Der Autor:

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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