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Inhalte und Fallstricke einer Nachbarschaftsvereinbarung

17.03.2011  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Baudienst.

In einer Stadt wie Berlin, aber auch in jeder anderen Stadt oder Gemeinde mit einer hohen Bebauungsdichte, führt die Realisierung von Bauvorhaben regelmäßig zu Konflikten mit den Nachbarn. Diese Konflikte enden häufig nicht nur in Auseinandersetzungen vor dem Verwaltungsgericht ...

... sondern führen zunehmend auch zu Maßnahmen, die Nachbarn ergreifen, um potenzielle Kaufinteressenten des Bauherrn – z. B. durch ein großflächiges Plakat – von einem Erwerb abzuschrecken. Bei absehbaren Konflikten ist dem Bauherrn, aber auch dem Nachbarn zu empfehlen, in einer ausgewogen und eindeutig formulierten Nachbarschaftsvereinbarung Regelungen zu treffen, die für einen angemessenen Interessenausgleich sorgen und zu Vorteilen auf beiden Seiten führen. Im Folgenden sollen die Inhalte und auch mögliche Fallstricke einer solchen Nachbarschaftsvereinbarung dargestellt werden.

Bauherren ist Folgendes zu empfehlen: Die Nachbarn, deren Zustimmung zum Bauvorhaben erforderlich ist bzw. die sich mit Erfolgsaussichten auf die Verletzung nachbarschützender Vorschriften berufen könnten, sollten möglichst frühzeitig angesprochen und zu ihrer Einstellung bezüglich der geplanten Bebauung befragt werden. Es gilt insoweit die Faustformel „Je später der Bauherr den Nachbarn konsultiert, desto teurer wird es“. Eine frühzeitige Befragung ermöglicht es auch, ggf. eine Variante zu planen, der der Nachbar nicht zustimmen muss bzw. die vom Nachbarn nicht mit Erfolgsaussichten angegriffen werden kann. Die Nachbarn, deren Belange durch das Bauvorhaben nicht berührt werden, sollten angesprochen werden, wenn sie signalisieren, dass sie sich gegen das Vorhaben zur Wehr setzen werden.

In der Praxis sind die Fälle häufig, in denen Nachbarn mündlich ihre Zustimmung zu dem geplanten Vorhaben signalisieren, eine schriftliche Fixierung allerdings versäumt wird und es dann später doch Probleme mit dem Nachbarn gibt. Ein bereitwilliger Nachbar sollte daher möglichst direkt im Anschluss an die mündlich geäußerte Bereitschaft zum Abschluss einer Nachbarschaftsvereinbarung bewegt werden.

Nachbarn ist zusammenfassend Folgendes zu empfehlen: Nachbarn sollten zunächst prüfen, ob ihre Zustimmung erforderlich ist, damit der Bauherr sein Vorhaben realisieren kann bzw. ob überhaupt Erfolgsaussichten für einen Nachbarwiderspruch bzw. eine Nachbarklage bestünden. Nachbarn müssen insoweit geltend machen können, dass im Falle der Realisierung des Bauvorhabens nachbarschützende Vorschriften verletzt würden. Dies muss zumindest möglich erscheinen. Die Geschossflächenzahl, die Grundflächenzahl und die Anzahl der Geschosse sind nach der Rechtsprechung grundsätzlich nicht nachbarschützend. Eine Überschreitung der Geschossflächenzahl führt daher nicht automatisch zu einer Widerspruchs- bzw. Klagebefugnis des Nachbarn. Die Beurteilung, ob eine nachbarschützende Vorschrift (möglicherweise) verletzt würde, kann im Einzelfall schwierig sein. Nachbarn sollten daher sorgfältig prüfen, ob es nicht sinnvoller ist, eigene Vorteile durch die Zustimmung bzw. den Verzicht auf Rechtsbehelfe zu erwirken. Die obigen Ausführungen zeigen, dass der Phantasie insoweit keine Grenzen gesetzt sind. Es muss daher nicht immer „nur“ die finanzielle Kompensation sein, im Einzelfall kann beispielsweise auch ein Stellplatz in der vom Bauherrn neu errichteten Tiefgarage von erheblichem Wert für den Nachbarn sein.

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Quelle: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht Dr. Gerrit Aschmann
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