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Kann der Dax sich noch einmal etwas erholen?

05.09.2011  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: ManagerGate.

Mittelfristig sind die Aussichten düster

Auch in der letzten Woche zeigte sich Euro-Dollar schwankungsarm. Nach einem Start knapp unter 1,44 handelte die Gemeinschaftswährung die gesamte Woche in einer range zwischen 1,4327 und 1,45. Erst am heutigen Montag scheint der Euro die Seitwärtsbewegung zu beenden und steigt über den Widerstand bei 1,45 an, ohne jedoch unmittelbar weitere Dynamik nach oben entfalten zu können.

Highlight der letzten Woche war sicher die lange erwartete Rede Ben Bernankes beim Treffen der Notenbanker in Jackson Hole. Dabei blieb der Notenbankchef erstaunlich zurückhaltend, verwies auf das Instrumentarium der Fed, das jederzeit eigesetzt werden könne, gab aber keinerlei Hinweise auf ein mögliches QE3. Überraschend waren jedoch einerseits die Ankündigung, die nächste Fed-Sitzung im September um einen Tag zu verlängern, andererseits die von Bernankes vertretene These, dass sich die US-Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte erholen werde. Das ist, nun ja, eine eher optimistische Aussage, aber möglicherweise ist es die Aufgabe von Notenbankern, zu lügen und so die Märkte zu beruhigen.

Psychologisch, das muss man anerkennen, war das ein geschickter Schachzug Bernankes, doch ist sein Vorgehen eher taktischer, nicht strategischer Natur. Denn was der Notenbankchef erreicht hat, ist der Gewinn von Zeit, und darauf kam es ihm angesichts der verunsicherten Märkte wohl an. Strategisch aber sind die Möglichkeiten der Fed begrenzt, die Erwartungen der Märkte dennoch immens, und wenn die Notenbank dann bei der nächsten Sitzung am 20.September nicht liefert, wird es ungemütlich.

Nach anfänglichem Erschrecken haben die Märkte dies als positives Signal interpretiert. Der Euro legte zu und durchbrach heute die 1,45, kann sich aber (noch) nicht weiter nach oben absetzen. Im Grunde ist fundamental mit der Rede Bernankes nichts Neues passiert, sodass die Seitwärtsbewegung wohl weiter gehen dürfte. Auf der Unterseite hat sich nun im Bereich 1,4325/1,4330 eine starke Unterstützung etabliert, die nicht unterschritten werde sollte, um das leicht positive Chartbild nicht zu gefährden. Auf der Oberseite warten in der Zone 1,4525-1,4575/80 Widerstände, die sich bereits im Juni und Juli als hartnäckig erwiesen haben. Gelänge ein Durchbruch, wäre der Weg frei bis zu den Hochs aus April und Mai in der Zone 1,49.

Der Dax konnte in der letzten Handelswoche seine Verlustserie beenden, ohne sich dabei jedoch nennenswert zu erholen. Dabei verlief der Handel volatil, Highlight war hier der Donnerstag, als der Index zunächst bis 5778 Punkte stieg, um dann innerhalb weniger Minuten auf knapp über 5400 Punkte abzustürzen. Dieser "Flash Crash" war umso erstaunlicher, als die US-Futures stiegen, nachdem Burkshire Hathaway angekündigt hatte, für 5 Milliarden Dollar Aktien von Bank of America zu kaufen. Am Freitag jedenfalls erholten sich die US-Märkte nach der Rede Bernankes deutlich und ziehen so den Dax heute über die 5600er-Marke.

Dennoch: der August 2011 ist ein Wendepunkt für den Dax. Es springt ins Auge, dass der deutsche Leitindex die US-Märkte ganz deutlich underperformed, und es ist wohl das ausländische Kapital, das den Rückzug angetreten hat. Warum aber flieht dieses Kapital aus Deutschland?

Erstens aus Sorge darüber, dass die deutsche Konjunktur ihren Höhepunkt überschritten hat und klare Bremsspuren zeigt. Wichtiger aber ist zweitens die Besorgnis über den deutschen (und europäischen) Bankensektor einerseits sowie die europäische Schuldenproblematik andererseits.

Der "Flash Crash" am Donnerstag hat ein Schlaglicht auf diesen Zusammenhang geworfen: Gründe für den Abverkauf waren laut dem US-Sender Bloomberg Gerüchte über die Schieflage einer deutschen Bank oder die Möglichkeit einer Ratingabstufung Deutschlands. Selbst wenn diese Gerüchte nicht stimmen sollten, ist es doch bezeichnend, dass derartige Gerüchte überhaupt aufkommen können.

Dass etwas im europäischen Bankensektor nicht stimmt, zeigt sich schon daran, dass die Banken Geld in einem Volumen bei der EZB parken, das bereits an die Zeit unmittelbar vor der Lehman-Pleite erinnert. Man hält das Geld zurück, weil man anderen Banken nicht mehr traut. Warum traut man anderen Banken nicht? Weil der Zweifel über die Bewertungen in den Bilanzen wächst - da schlummert noch jede Menge Schrott, der völlig unrealistisch bilanziert wurde und wird.

Wir sehen in diesem Verhalten einen klaren Vorboten der Deflation. Was vor uns liegt, ist ein Zurückfahren von Krediten, weil die Banken Cash brauchen. Wenn der Bankensektor krankt, kann auch die "Realwirtschaft" nicht florieren. Auch wenn Deutschland noch nicht in der Rezession ist, ist diese doch wahrscheinlich, wenn sich im Bankensektor nicht schnell etwas grundsätzlich ändert. Etwas ändern kann sich aber nur, wenn der Staat Geld in die Banken schießt, wodurch aber der Prozess sich fortsetzt und beschleunigt, der aus der Bankenkrise eine Verschuldungskrise der Staaten macht. Deutschland, das wird immer klarer, hat ein Problem mit seinen Banken - von der sich abzeichnenden Haftungsgemeinschaft in Europa ganz zu schweigen, für die die BRD die Hauptlast tragen wird. Alles zusammen genommen sind das sehr gute Gründe, sein Geld aus Deutschland abzuziehen.

Das bedeutet nicht, dass sich der Dax nicht noch einmal etwas erholen kann, aber mittelfristig sind die Aussichten düster. Widerstand hat der deutsche Leitindex bei 5850, wichtiger aber ist der Bereich 6100/6115. Erst wenn letztere Marke nachhaltig überwunden ist, kann von einer Bodenbildung bei 5400 gesprochen werden. Bricht dagegen die 5400 nach unten, ist das nächste Mindestziel knapp über 5100 zu finden.

Quelle: actior AG / openPR
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