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Keine Erläuterung bei Streichpreisen im Internet

21.04.2016  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Preisangaben werden wettbewerbsrechtlich immer kritisch beleuchtet. Gerade bei Preisgegenüberstellungen, die ja dem Verbraucher Ersparnisse signalisieren sollen, achtet die Rechtsprechung auf Irreführungsgefahren. Der BGH hat nun die Frage geklärt, ob zu Streichpreisen eine zusätzliche Erklärung angegeben werden muss, um welchen Preis es sich handelt. Rechtsanwalt Rolf Becker von WIENKE & BECKER – KÖLN gibt Tipps zum Urteil.

Endlich hat der Bundesgerichtshof ein Machtwort gesprochen:

Werbung mit einem durchgestrichenen Preis misst der Verbraucher nicht eine je nach Vertriebs­form unterschiedliche Bedeutung bei. Auch im Internethandel und auf einer Handelsplattform wie Amazon.de erkennt der Verkehr in einer durchgestrichenen Preisangabe regelmäßig den früher von dem werbenden Unternehmer verlangten Preis.


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Dieser sogenannte Leitsatz krönt die Entscheidung des BGH vom 05.11.2015 (Az. I ZR 182/14), die jetzt mit Gründen veröffentlicht wurde. Vorangegangen war ein Rechtsstreit zwischen einem Händler, der u. a. Fahrrad­anhänger über Amazon Marketplace vertrieb und einem Wettbewerber. Der mahnte den Konkurrenten ab, weil dieser seinem Preis einen durchgestrichenen höheren Preis gegenüberstellte, ohne zu erläutern, ob es sich um den vormals von ihm geforderten Preis handelte oder den UVP.

Landgericht und Oberlandesgericht Stuttgart wiesen die Klage auf Unterlassung und Ersatz der Abmahnkosten ab. Der für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des BGH sah jetzt ebenfalls keine Mehrdeutigkeit der Preisangabe und damit auch keine Irreführung. Tatsächlich ist man schnell in diesem Bereich gelandet, wenn etwa Bezeichnungen für den Preis gewählt werden, die unklar sind. Beispiel ist „Normalpreis“ oder „Ladenpreis“. Bei solchen Angaben ist die Referenz nicht klar, weil es eben keinen allgemeinen Normalpreis oder Ladenpreis gibt. Eine Irreführung kann auch dann vorliegen, wenn eine Angabe mehrere Deutungen zulässt und der Verbraucher im Unklaren bleibt. Daher hatte die Rechtsprechung bislang auch immer geurteilt, dass sich aus der Werbung klar und deutlich ergeben muss, worum es sich bei einem durchgestrichenen Preis handelt (BGH, Urteil vom 17. März 2011 I ZR 81/09, GRUR 2011, 1151 Rn. 22 = WRP 2011, 1587 Original Kanchipur). So hatte hier der Kläger argumentiert.

Gesamteindruck entscheidet

Bei der Beurteilung geht es aus Sicht der Richter – wie so häufig – um den Gesamteindruck, den der durch­schnitt­lich informierte und verständige Verbraucher, der einer Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt, gewinnt. Ein erheblicher Teil der Verbraucher erkenne aber in dem durch­gestrichenen Preis den früher vom Händler verlangten Preis, so die Richter. Nur eigene Preise könne der Händler durch Streichung für „ungültig“ erklären. Solche Streichungen seien dem Verbraucher auch aus dem Einzelhandel bekannt.

Auch Statt-Preise nicht erläuterungsbedürftig

Andere Urteile des OLG Hamm (OLG Hamm, WRP 2013, 1073, 1076) zu sogenannten Statt-Preisen hätten besondere Fälle betroffen. Dort ging es um Restpostenbörsen. Bei diesen hätte eine Aufklärung über den Statt- oder Streichpreis erfolgen müssen, da man dort den Vergleichspreis auf den üblichen im Einzelhandel verlangten Preis beziehe und nicht auf den Preis des Händlers auf dieser Restpostenbörse. Jedenfalls sei der Fall der Restpostenbörse nicht mit dem Amazon-Marketplace-Fall vergleichbar. Auch die dort bestehende Möglichkeit des Anhängens an andere Angebote führt nach Ansicht des BGH nicht zu einer Aufklärungspflicht.

Fazit

Der BGH hat mit seinem Urteil fortbestehende Unklarheiten beseitigt. Auch wenn die Passage zum Restposten­urteil des OLG Hamm nicht ganz überzeugt, kann jedenfalls für den Normalfall des Internetverkaufs jetzt klar davon ausgegangen werden, dass bei der Angabe von Vergleichspreisen keine Erläuterungen (etwa mittels Sternchenhinweis) erfolgen müssen, wenn es sich um den vormals vom Händler geforderten Preis handelt. Der muss natürlich nach wie vor ernsthaft gefordert worden sein (kein „Mondpreis“). Das setzt voraus, dass der Preis eine Zeit lang Bestand hatte. Wie lange der Preis gefordert worden sein muss, ist leider wieder abhängig von der Art der Ware oder Leistung. Anders sieht es mit der Angabepflicht dann aus, wenn der durch­gestrichene Preis eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers oder den Preis eines Wettbewerbers darstellen soll. Dann müsse dies auch entsprechend gekennzeichnet werden.

Händler, die zu früheren Zeiten Unterlassungserklärungen abgegeben haben, sollten überlegen, ob angesichts der neuen Rechtsprechung eine Kündigung in Betracht kommt.


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