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OLG Köln stoppt Amazon-Maßnahmen gegen Hochretournierer

14.03.2016  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Sogenannte Hochretournierer sind ärgerlich für den Händler. Amazon beendet die Geschäftsbeziehung gelegentlich und sieht in Klauseln die Schließung des Kundenkontos vor. Das OLG Köln hat sich jetzt auf Klage der Verbraucherschützer hin mit diesen Klauseln beschäftigt. Amazon muss wohl nachbessern, wenn nicht eine mögliche Revision ein anderes Ergebnis bringt.

In einer aktuellen Entscheidung hat sich das OLG Köln (Urteil vom 26.02.2016, Az. 6 U 90/15) auf Klage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hin mit Regelungen von Amazon auseinandergesetzt, die sich mit der Schließung von Kundenkonten befassen.

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Angeblich auf die Beschwerde vieler Kunden hin klagten die Verbraucher­schützer gegen eine Klausel in den Nutzungsbedingungen der Amazon Europe Core S.á.r.l., die es Amazon gestattete, Kunden „Services auf der Website vorzuenthalten, Mitgliedskonten zu schließen oder Inhalte zu entfernen oder zu verändern“ für den Fall, dass Kunden „gegen anwendbare Gesetze, diese Nutzungsbedingungen oder andere anwendbare Vertragsbedingungen oder Richtlinien verstoßen.“ Amazon sprach lediglich von der Schließung in einigen wenigen Fällen eines außergewöhnlichen Retourenverhaltens.

Die Richter des u. a. für Wettbewerbsstreitigkeiten zuständigen VI. Zivilsenats gaben den Verbraucher­schützern recht. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Die Verbraucherschützer stellen nun einen Musterbrief zur Verfügung, mit dem das Versandunternehmen aufgefordert wird, den Zugang zu den digitalen Inhalten wieder bereitzustellen.

Generell ist es einem Händler möglich, einen Kunden mit sachlichen Gründen zu unterrichten, dass das Vertragsverhältnis als defizitär eingestuft wird und dann bei fortgesetztem Verhalten das Geschäftsverhältnis zu beenden. Das OLG Hamburg (Urteil vom 25.11.2004 – Az. 5 U 22/04) sah diese Praxis als rechtmäßig an.

Klagebefugnis auch gegen Luxemburger Gesellschaft

In ihrem Urteil bekräftigten die Richter die Klagebefugnis der Verbraucherschützer und die Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Prüfung der Klauselverwendung gegenüber deutschen Verbrauchern. Die Klausel selbst sah man als unangemessen benachteiligend an und zwar sowohl nach deutschem als auch nach luxemburgischen Recht. Auch wenn die Amazon AGB die Anwendung luxemburgischen Rechts vorsehen, darf dies nicht dazu führen, dass dem Verbraucher wesentliche Rechte, die ihm sein Sitzland gewährt, entzogen werden. Der Umstand, dass die Klausel Amazon erlaubte, digitale Inhalte auch von ihren Servern zu entfernen, war dabei entscheidend.

Falsche Gesellschaft abgemahnt

Der Ersatz von Abmahnkosten wurde übrigens verwehrt, da die falsche Amazon Gesellschaft außergerichtlich abgemahnt worden war.

Fazit:
Eine eventuell anschließende Revisionsentscheidung muss natürlich abgewartet werden. Dennoch zeigt sich bereits an diesem Urteil, dass die Möglichkeit, die Geschäftsbeziehung mit Verbrauchern zu beenden, nicht schrankenlos besteht. Insbesondere dann, wenn der Zugang zu bereits bezahlten Inhalten von der Beendigung betroffen ist, dürften entsprechende Klauseln in aller Regel als unwirksam einzustufen sein. In der Praxis ist daher darauf zu achten, dass der Zugang zu solchen Inhalten möglicherweise getrennt von sonstigen Zugangsmöglichkeiten eingerichtet wird.


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