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Umsatzsteuerforderungen der Finanzämter an Bauträger und Bauunternehmer

12.11.2014  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: VDA - Verband Deutscher Anwälte e.V..

Viele Bauträger und Bauunternehmer sehen sich momentan einer ungewöhnlichen Forderung des Finanzamtes ausgesetzt.

Seit langer Zeit gab es eine Anweisung der Finanzverwaltung, dass der Bauträger Leistungsempfänger und Steuerschuldner der Umsatzsteuer ist, also die Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen hat. Der Bauunternehmer/Handwerker dagegen erbrachte seine Leistung umsatzsteuerfrei.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit einer Entscheidung vom 22.08.2013 (Az.: V R 37/10) entschieden, dass der Bauträger kein Bauleistender im Sinne des § 13 b UStG ist und damit auch nicht Schuldner der Umsatzsteuer. Hierauf hat die Finanzverwaltung reagiert. Soweit der Bauträger die von ihm erbrachte Umsatzsteuer zurückverlangt und die Bescheide nicht bestandskräftig sind, erhält er diese Umsatzsteuer zurück.

Die Finanzverwaltung versucht nunmehr, Schadensbegrenzung zu betreiben, indem sie im Gegenzug die Umsatzsteuer vom Bauunternehmer/Handwerker verlangt. Dieser soll seine ursprünglich umsatzsteuerfreie Rechnung in eine umsatzsteuerpflichtige Rechnung korrigieren und vom Bauträger die Umsatzsteuer verlangen. Soweit der Bauträger die Umsatzsteuer nicht entrichtet, kann der Bauunternehmer/Handwerker an Erfüllung statt seine zivilrechtlichen Ansprüche gegen den Bauträger an das Finanzamt abtreten. Welche zivilrechtlichen Ansprüche die Finanzverwaltung damit meint, sagt sie nicht.

Die in Zukunft zu klärende Frage wird sein, so der Nürnberger Fachanwalt für Erb-, Steuer- sowie Handels- und Gesellschaftsrecht Norbert Gieseler, ob der Bauträger zivilrechtlich gegenüber dem Bauunternehmer auf Zahlung der Umsatzsteuer haftet, denn diese Ansprüche wird die Finanzverwaltung zukünftig gegenüber dem Bauträger geltend machen.

Es spricht aber sehr viel dafür, dass derartige zivilrechtliche Ansprüche nicht existieren, soweit diese sich nicht aus dem Vertragsverhältnis als solche herleiten. Beide Vertragspartner hatten damals – entsprechend der Anweisung der Finanzverwaltung – Verträge und Rechnungen geschrieben, die keine Mehrwertsteuer auswiesen. So wurden die Verträge abgewickelt. Zivilrechtlich gibt es aber nur wenige Konstellationen, bei denen ein Vertragspartner nach Beendigung des Vertragsverhältnisses die Pflicht hat, sich auf eine Vertragsänderung einzulassen. Diese seltenen Konstellationen versucht man über das Institut „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ einzufangen. Hierunter fallen beispielsweise die bei Vertragsabschluss zugrunde gelegten Rohstoffpreise, die sich unvorhersehbar dramatisch geändert haben. In einem solchen Fall kann unter Umständen eine Anpassung des Vertrages gerechtfertigt sein.

Solche Voraussetzungen sind hier aber nicht ersichtlich, betont Gieseler. Beide Vertragspartner haben entsprechend der Anweisung der Finanzverwaltung eine Abrechnung vorgenommen, die nach Ansicht des BFH rechtswidrig ist. Dennoch ist die Finanzverwaltung an diese, von ihr selbst aufgestellten Anweisungen gebunden und kann nicht im Nachhinein verlangen, dass der Bauunternehmer/Handwerker nunmehr Bruttorechnungen, also Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer, stellt. Aus diesem Grunde muss der Bauträger sich auf eine derartige Vertragsanpassung auch nicht einlassen.

Über diese Problematik gibt es selbstverständlich noch keine Rechtsprechung. Gieseler vertritt allerdings die Meinung, dass eine Vertragsanpassung nicht verlangt werden kann. Dies führt allerdings zu einem Ergebnis, welches aus Sicht des Staates nicht gewollt ist. Die Finanzverwaltung muss nämlich die von dem Bauträger erhaltene Umsatzsteuer an diesen zurückbezahlen und erhält im Gegenzug von dem Bauunternehmer/Handwerker keine Umsatzsteuer, sodass dem Staat hierdurch ein erheblicher Schaden entsteht.

 

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