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Vereinbarung von Kündigungsschutz im Dienstvertrag eines GmbH-Geschäftsführers

04.01.2011  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: PersonalGate.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Frage, ob die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes im Dienstvertrag eines GmbH-Geschäftsführers wirksam vereinbart werden kann

Einleitung

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Gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG sind Geschäftsführer aufgrund ihrer Organstellung vom Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes ausgenommen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Geschäftsführer weisungsgebunden ist oder nicht: Kündigungsschutz kann damit auch nicht mit dem Argument bejaht werden, dass der Geschäftsführer sich in einer arbeitnehmerähnlichen Position befindet und eine Weisungsgebundenheit besteht. Die Nichtanwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes bedeutet für den Geschäftsführer einer GmbH, dass er auf der einen Seite die Verantwortung für die Gesellschaft übernimmt und dabei gegebenenfalls erhebliche Haftungsrisiken zu tragen hat, auf der anderen Seite jedoch keinen Schutz genießt, wenn sich das Unternehmen von ihm trennen möchte. Da das Gesetz direkt an die Organstellung des Geschäftsführers anknüpft, führt dies grundsätzlich zum Ausschluss des Kündigungsschutzgesetzes.

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 10.05.2010 (Az.: 2 ZR 70/09) nunmehr die Möglichkeit der Vereinbarung von Kündigungsschutz im Dienstvertrag eines GmbH-Geschäftsführers ausdrücklich für zulässig erklärt.


Der Sachverhalt

Der Kläger war Geschäftsführer bei der Beklagten, einer GmbH, auf Grundlage des Geschäftsführerdienstvertrages vom 05.05.2004. Dieser enthielt eine Regelung, dass für die Kündigung im Übrigen zugunsten des Geschäftsführers „die Bestimmungen des deutschen Kündigungsschutzrechtes für Angestellte Anwendung finden“. Nach einigen Unstimmigkeiten wurde der Kläger als Geschäftsführer der Beklagten abberufen und das Dienstverhältnis am 16.02.2006 fristlos, hilfsweise fristgerecht gekündigt. Der Kläger begehrte Feststellung, dass das Dienstverhältnis nicht aufgelöst worden ist. Die Beklagte beantragte im Wege der Widerklage die Auflösung des Dienstverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung. Das LG Frankfurt am Main gab der Feststellungsklage statt und löste aber das Dienstverhältnis auf die Widerklage gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von EUR 175.000,00 auf. Das OLG Frankfurt am Main wies die Klage ab und hob die Auflösungsentscheidung des LG Frankfurt am Main auf. Die Revision des Klägers hatte Erfolg und führte zur Zurückverweisung an das OLG Frankfurt am Main.


Die Entscheidung

In seinem Urteil vom 10.05.2010, Az.: 2 ZR 70/09 hat der Bundesgerichtshof nun entschieden, dass im Dienstvertrag eines Geschäftsführers einer GmbH vereinbart werden kann, dass die materiellen Regeln des Kündigungsschutzgesetzes zugunsten des Organmitglieds gelten. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs kann damit eine Vereinbarung über die Geltung der materiellen Kündigungsschutzregeln wirksam getroffen werden. Bei der Bestimmung des § 1 KSchG handelt es sich um zwingendes Recht, von welchem zum Nachteil des begünstigten Arbeitnehmers nicht abgewichen werden kann. Eine Ausdehnung des Kündigungsschutzes zugunsten des Geschäftsführers auf vertraglicher Grundlage ist aber zulässig: Aus dem Kündigungsschutzgesetz ergeben sich keine Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit einer Vereinbarung, die auf eine entsprechende Anwendung des allgemeinen Kündigungsschutzes bzw. über dessen gesetzlich geregelten Geltungsbereich hinaus abzielt.

Der Bundesgerichtshof war weiter der Ansicht, dass die Parteien möglicherweise eine Vertragsauflösung durch richterliche Entscheidung gemäß §§ 14 Abs. 2 Satz 2, 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG vereinbaren wollten. Auch wenn es rechtlich ausgeschlossen sei, eine richterliche Auflösungsbefugnis kraft Parteivereinbarung unmittelbar zu begründen, könne die Vereinbarung so verstanden werden, dass die Gesellschaft sich durch einseitige Erklärung gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung vom Dienstvertrag lösen darf. Die Abfindungshöhe sei wiederum einer gerichtlichen Überprüfung nach §§ 315 ff. BGB zugänglich.


Praxistipp

Die vorliegende Entscheidung des Bundesgerichtshofs stellt klar, dass auch für das GmbH-Geschäftsführerdienstverhältnis die Geltung des gesetzlichen Kündigungsschutzes wirksam vereinbart werden kann. In einem solchen Fall bedarf die Kündigung der Gesellschaft zu ihrer Wirksamkeit einer der drei gesetzlichen Kündigungsgründe gemäß § 1 Abs. 2 KSchG. Ist keiner der drei gesetzlichen Kündigungsgründe gegeben, so hat dies die Unwirksamkeit der durch die Gesellschaft ausgesprochenen Kündigung zur Folge. Einer Fortsetzung des Dienstverhältnisses über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus kann sich die Gesellschaft jedoch durch Stellung eines sog. Auflösungsantrages entziehen. Die Rechtsfolge dieses Auflösungsantrages besteht dann darin, dass das Gericht eine Abfindung in den Grenzen des § 10 KSchG zugunsten des Geschäftsführers festzusetzen hat. Insoweit bietet es sich in solchen Fällen in der Praxis an, dass sich die Gesellschaft im Dienstvertrag mit dem Geschäftsführer bereits entsprechend § 14 Abs. 2 Satz 2 KSchG vorbehält, durch einseitige Erklärung das Dienstverhältnis gegen Gewährung einer angemessenen Abfindung im Falle der Unwirksamkeit der Kündigung aufheben zu können.

Quelle: Dr. Julia Schweitzer (Taylor Wessing Frankfurt)
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