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Vergabe von gemeinschaftlichen Gartenflächen: Darf man Sondernutzungsrechte einräumen?

29.05.2012  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Bundesgerichtshof.

Im Urteil ging es um Sondernutzungsrechte, die einzelnen WEG-Beteiligten an gemeinschaftlichen Hof- und Gartenflächen eingeräumt worden.

Tatbestand

Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft, welche infolge der Teilung eines Grundstücks durch den Beklagten entstanden ist. Diesem gehören unter anderem die im Erdgeschoss gelegenen Wohnungs- und Teileigentumseinheiten Nr. 1, 2, 11, 20, 21 und 34. Die Kläger sind Eigentümer einer Wohnung im zweiten Obergeschoss.

Nach der am 24. Juli 2000 geänderten Teilungserklärung ist der Beklagte unwiderruflich befugt, den im Erdgeschoss gelegenen Wohnungen Teile der Gartenflächen als Terrassen zur Sondernutzung zuzuordnen. Die Befugnis erlischt für das jeweilige Sondernutzungsrecht nach dessen Eintragung in das Grundbuch des begünstigten Wohnungs- bzw. Teileigentums.

Mit notarieller Urkunde vom 10. August 2009 wies der Beklagte den Einheiten Nr. 1, 11, 20 und 34 jeweils ein Sondernutzungsrecht an näher bezeichneten und in einem Lageplan eingezeichneten Hofflächen zu. Eine weitere Zuweisung von Sondernutzungsflächen ist für die Einheiten Nr. 2 und 21 geplant.

Die Kläger verlangen von dem Beklagten, es zu unterlassen, künftig Sonderrechtszuweisungen in Bezug auf die im Gemeinschaftseigentum stehenden Freiflächen vorzunehmen. Ferner beantragen sie die Feststellung, dass die vorgenommene Zuweisung von Sondernutzungsrechten zu den Einheiten 1, 11, 20 und 34 unwirksam ist.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht hält den Unterlassungs- und den Feststellungsantrag für begründet, weil der Beklagte ohne Zustimmung der übrigen Miteigentümer nicht berechtigt sei, Flächen des Gemeinschaftseigentums einzelnen Einheiten als Sondernutzungsrecht zuzuordnen. Der Vorbehalt in der Teilungserklärung sei wegen Verstoßes gegen das sachenrechtliche Bestimmtheitsgebot unwirksam, da Festlegungen zu Anzahl, Größe und Lage der zu begründenden Sondernutzungsrechte fehlten.

Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass sich der teilende Eigentümer in der Teilungserklärung ermächtigen kann, bei Verkauf der Wohnungseigentumseinheiten dem jeweiligen Erwerber das Sondernutzungsrecht an bestimmten Flächen einzuräumen und dessen Inhalt näher zu bestimmen. Eine solche Gestaltung ist rechtlich unbedenklich, sofern und solange der dadurch Begünstigte Eigentümer einer Wohnungs- oder Teileigentümereinheit ist. Das gilt nicht nur für die Ermächtigung, bereits bestehende Sondernutzungsrechte zu konkretisieren oder zu ändern, sondern auch für einen Vorbehalt, der es dem teilenden Eigentümer ermöglicht, die Teile des Gemeinschaftseigentums, von deren Mitgebrauch die übrigen Wohnungseigentümer ausgeschlossen und an denen Sondernutzungsrechte begründet werden sollen, zu einem späteren Zeitpunkt festzulegen. Richtig ist ferner, dass ein solcher Vorbehalt dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz genügen muss.

(…)

Auch eine Ermächtigung, durch die sich der teilende Eigentümer vorbehält, Sondernutzungsrechte zu einem späteren Zeitpunkt zu begründen, muss dem sachenrechtlichen Bestimmtheitserfordernis genügen. Denn dieses verlangt, dass jedermann den Inhalt eines dinglichen Rechts anhand der Eintragungen im Grundbuch eindeutig erkennen kann; das gilt für den Inhalt des Sondereigentums entsprechend. Zu diesem Inhalt gehören alle Regelungen der Teilungserklärung mit Vereinbarungscharakter und damit auch Ermächtigungen, durch die Entscheidungen, welche nach dem Gesetz einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer bedürfen, auf den teilenden Eigentümer übertragen werden. Da Sondernutzungsrechte nach Entstehen der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft nur durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer begründet werden können hat eine Regelung, mit der diese Kompetenz dem teilenden Eigentümer vorbehalten bleibt, Vereinbarungscharakter und gehört, wenn sie in das Grundbuch eingetragen wird, zu dem Inhalt des Sondereigentums.

(…)

Ist die Änderung der Teilungserklärung weder in das Grundbuch eingetragen noch mit schuldrechtlicher Wirkung zwischen den Parteien vereinbart worden, fehlt es im Verhältnis zu den Klägern von vornherein an einer Berechtigung des Beklagten, Sondernutzungsrechte zu begründen.

Wäre der Änderungsvorbehalt (nur) schuldrechtlich vereinbart worden, stünde seiner Wirksamkeit der von dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgebot zu trennende Grundsatz entgegen, dass die Übertragung einer nach dem Gesetz den Wohnungseigentümern vorbehaltenen Kompetenz auf einzelne Wohnungseigentümer einer Ermächtigung bedarf, die Ausmaß und Umfang der daraus folgenden Belastungen für die Wohnungseigentümer zweifelsfrei erkennen lässt. Ein Vorbehalt, der den teilenden Eigentümer berechtigt, einzelnen Wohnungen nachträglich Sondernutzungsrechte zuzuordnen, ist demnach nur wirksam, wenn er erkennen lässt, welche Flächen für die Begründung von Sondernutzungsrechten herangezogen werden können.

Die Festlegung des betroffenen Gemeinschaftseigentums kann zwar weit gefasst sein, also große Teile des Gemeinschaftseigentums umfassen. Denn der Bestimmtheitsgrundsatz soll nur gewährleisten, dass Inhalt und Um-fang der Kompetenzübertragung zweifelsfrei feststehen, nicht aber die einer gesonderten Prüfung vorbehaltenen Inhaltskontrolle der Klausel ersetzen. Unerlässlich ist aber, dass der Vorbehalt dem unbefangenen Betrachter eine klare Vorstellung davon vermittelt, welche Teile des Gemeinschaftseigentums durch einseitige Erklärung des Berechtigten dem Mitgebrauch der Eigentümer (§ 13 Abs. 1 WEG) entzogen werden können.

Diesen Anforderungen genügt der hier zu beurteilende Vorbehalt nicht. Wie bereits dargelegt lässt er die für die Begründung von Sondernutzungsrechten vorgesehenen Flächen nicht erkennen. Auch der Begriff der "Terrasse" eignet sich nicht dazu, den Umfang der Ermächtigung einzugrenzen, da es Terrassen unterschiedlichster Größen gibt. Andere Anhaltspunkte, anhand deren sich bestimmen ließe, in welchem Ausmaß die im Gemeinschaftseigentum stehenden Gartenflächen insgesamt oder je Wohnungseinheit aufgrund der Ermächtigung der Sondernutzung zugeführt werden können, enthält die Teilungserklärung nicht.

BGH, Urteil vom 20. Januar 2012 - V ZR 125/11 (in Auszügen)

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