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Verzicht auf Urlaubsabgeltung wirksam - zur Reichweite eines gerichtlichen Vergleichs

27.06.2013  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Taylor Wessing Deutschland.

Der Jahreszeit entsprechend genießt das Urlaubsrecht in Erfurt Hochkonjunktur: Unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung urteilte das BAG am 14. Mai 2013, dass der Anspruch des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung von einer gerichtlich vereinbarten Erledigung aller gegenseitigen Ansprüche umfasst sein kann - für Arbeitgeber eine positive Entscheidung.

I. Einleitung

Kann wegen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Urlaub nicht in natura genommen werden, so ist dieser gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten. § 13 BUrlG schreibt vor, dass hiervon nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden darf. Vor diesem Hintergrund erachtete das BAG bis dato jede zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer getroffene Vereinbarung für unzulässig, die einen Verzicht des Arbeitnehmers auf finanzielle Abgeltung des Urlaubs zum Gegenstand hatte. Der Abgeltungsanspruch, so die Richter, müsse als Ersatzanspruch denselben Schutzbestimmungen wie der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch selbst unterliegen. Folge dessen war ein erhöhter Regelungsaufwand im Rahmen arbeitsgerichtlicher Beendigungsvergleiche. Nur ein sogenannter Tatsachenvergleich, nach dem Urlaubsansprüche als „in natura gewährt“ bezeichnet wurden, konnte im Rahmen des Vergleichs zu einem aus Arbeitgebersicht rechtssicheren Ausschluss weiterer Zahlungsansprüche wegen nicht genommenen Urlaubs führen. Nach der neuen Entscheidung des BAG (Urteil vom 14. Mai 2013 – Az. 9 AZR 844/11) entfällt dieser Aufwand für die Zukunft.

II. Sachverhalt

Der Arbeitgeber sprach gegenüber einem gewerblichen Arbeitnehmer, dem späteren Kläger, im November 2008 die ordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses aus. Der Arbeitnehmer griff die Kündigung mit der Kündigungsschutzklage an, worauf die Parteien im Sommer 2010 einen gerichtlichen Vergleich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abschlossen. Gegenstand der Einigung waren die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 2009 sowie die Zahlung einer Sozialabfindung in Höhe von insgesamt 11.500,-- Euro. Der Vergleich enthielt zudem eine Erledigungsklausel, nach der die Erfüllung sämtlicher sich aus ihm ergebender Ansprüche zu einer umfassenden Erledigung sämtlicher wechselseitiger Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis bzw. aus Anlass seiner Beendigung führen sollte. Ungeachtet dessen verlangte der Kläger kurz nach Abschluss des Vergleichs Erfüllung seines Urlaubsabgeltungsanspruchs, der aufgrund Vorliegens einer Langzeiterkrankung fast genauso hoch war wie die vereinbare Abfindungssumme selbst. Das BAG wies den geltend gemachten Zahlungsanspruch zurück.

III. Die Entscheidung

Die Unabdingbarkeitsbestimmung des § 13 Abs. 1 BUrlG, so das Gericht, stehe nur solchen einzelvertraglichen Vereinbarungen entgegen, die eine Entstehung des Mindesturlaubsanspruchs von vornherein verhindern. Habe der Arbeitnehmer hingegen auf die Möglichkeit, die ihm aufgrund der Beendigung zustehende finanzielle Urlaubsabgeltung in Anspruch zu nehmen, bewusst verzichtet, so sei ein solcher Verzicht als rechtswirksam zu behandeln. Hieraus folge, dass die in dem gerichtlichen Vergleich vereinbarte Erledigungsklausel einen Urlaubsabgeltungsanspruch ohne Weiteres erfassen könne.

IV. Praxishinweis

Mit seiner Entscheidung führt das BAG die im Sommer 2012 eingeschlagene Trendwende in der Urlaubsrechtsprechung konsequent fort. Verursacht durch die europäische Rechtsprechung hatte das Gericht die bislang von ihm vertretene Surrogatstheorie, wonach der Urlaubsabgeltungsanspruch stets wie der Anspruch auf Gewährung des Urlaubs zu behandeln war, aufgegeben. Hieraus folgt, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch nunmehr losgelöst hiervon als einfacher Geldanspruch anzusehen ist. Arbeitnehmer können damit nach Entstehen des Anspruchs wirksam auf diesen verzichten. Aus Arbeitgebersicht bedeutet dies, dass auf die Beendigung der Zusammenarbeit gerichtete arbeitsgerichtliche Vergleiche künftig keine gekünstelten Bestimmungen zu einer Abgeltung des Urlaubsanspruchs in natura mehr enthalten müssen. Eine mit Bedacht vereinbarte umfassende Erledigungsklausel vermag nunmehr aus sich heraus Rechtssicherheit dahingehend zu schaffen, dass die vereinbarte Abfindungszahlung einer Gesamtlösung dient. Gleichwohl steht die Rechtsprechung einer expliziten Regelung der Urlaubsfrage nicht entgegen. Vor allem dann, wenn die Abgeltung einen erheblichen Betrag umfasst, kann Vieles für die Vereinbarung einer ausdrücklichen Regelung sprechen, die falsche Erwartungen vermeidet.


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