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Welche Rechtsthemen Sie 2017 interessieren sollten

19.12.2016  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Das Jahr 2016 geht langsam zur Neige. Gleich zu Beginn gab es aus juristischer Sicht Hektik mit neuen gesetzlichen Anforderungen zur Streitbeilegung und auch 2017 geht es mit diesem Thema weiter. Rechtsanwalt Rolf Becker von WIENKE & BECKER – KÖLN erläutert Ihnen die wichtigsten Änderungen für das kommende Jahr und weist auf Änderungen hin, die schon im aktuellen Dezember neue Anforderungen stellen.

Neben höheren Mindestlöhnen, neuen Rentenbestimmungen und den üblichen Änderungen bei Steuern und in der Krankenpflege interessieren natürlich hier die händlerspezifischen Regelungen, die uns 2017 erwarten. Allerdings hat auch der Dezember noch eine neue Informationspflicht am Start:

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Neue Nährwertkennzeichnungspflicht zu Lebensmitteln

Zunächst richtet sich der Blick auf den vergangenen 13.12.2016. Seit diesem Tag müssen Hersteller die Nährwerte verpackter Lebensmittel in tabellarischer Form angeben und zwar bezogen auf 100 Gramm oder 100 Milliliter eines Lebensmittels. Die Kennzeichnungspflicht nach der EU-Lebensmittelinformationsverordnung (LIMV) betrifft die sog. „Big 7“, also sieben Werte, wie Brennwert/Energiegehalt, Fettmenge, Kohlenhydrate, gesättigte Fettsäuren und natürlich Zuckeranteil, Eiweiß und Salz. Auch in der Werbung hervorgehobene Angaben müssen mit Werten unterlegt werden (z. B. „Reich an Ballaststoffen“ erfordert dann Angaben dazu). Ausnahmen gelten z. B. für alkoholische Getränke mit mehr als 1,2 Volumenprozent Alkohol und für unverarbeitete sowie unverpackte Lebensmittel. Versandhändler müssen die Infos vor Vertragsschluss verfügbar machen.

Medikamenten-Preisbindung Versandhandelsverbot

Das kürzlich ergangene Urteil des EuGH (Az. C-148/15) zur Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente wird den Online-Handel beschäftigen. Danach dürfen ausländische Versandapotheken wieder Rabatte für Kunden in Deutschland anbieten. Zuvor war dies verboten, weil in Deutschland die Arzneimittelpreisbindung gilt. Der EuGH hat nun entschieden, dass dies Preisbindung nicht zum Nachteil für andere europäische Anbieter gereichen darf. Denn dies stelle eine unzulässige Beschränkung des freien Warenverkehrs dar.

Deutsche Online-Apotheken bekommen Probleme, da sie aufgrund der geltenden Preisbindung ihre Preise bei rezeptpflichtigen Medikamenten nicht ebenfalls senken können. Schon wird von Apothekerverbänden gefordert, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten komplett zu untersagen und Bundesgesundheitsminister Gröhe hat sich beeilt und bereits einen Gesetzentwurf am 13.12.2016 vorgelegt, mit einem Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel.

Registrierkassenanforderungen

Ab dem 01.01.2017 sind Händler, die Barzahlungen annehmen und Registrierkassen einsetzen, etwa bei der Abholung der Ware, dazu verpflichtet, verschärfte Bestimmungen einzuhalten. Grundsätzlich müssen alle Kassenbewegungen täglich im Kassenbuch erfasst werden. Rückwirkende Erfassungen dürfen nicht möglich sein. Setzt der Händler also Registrierkassen ein, müssen diese bestimmte technische Vorgaben einhalten, damit das Finanzamt zufrieden ist.

Nächste Stufe Infopflichten Online-Streitbeilegung

Die Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten war schon 2016 Gegenstand von Abmahnungen. Sie soll innerhalb der EU zu einer schnellen und kostengünstigen Beilegung von Streitigkeiten im Rahmen eines Online-Kaufs zwischen Händlern und ihren Kunden beitragen. Zugrunde liegen hier die sog. ADR-Richtlinie und das hierauf beruhende Verbraucherstreitbeilegungsgesetz sowie die sog. ODR-Verordnung. Bislang genügte ein Link auf die Streitbeilegungsplattform.

Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz verpflichtet in einer weiteren Stufe ab dem 1. Februar 2017 Online-Händler mit mindestens 11 Beschäftigten dazu, ihre Kunden darüber zu informieren, ob sie zur Teilnahme an Streitbeilegungsverfahren vor einer deutschen Verbraucherschlichtungsstelle bereit bzw. verpflichtet sind. Wer sich einer deutschen Schichtungsstelle angeschlossen hat, muss allgemein über das Bestehen der Online-Schlichtungs-Plattform informieren sowie über die Möglichkeit, die Plattform für die Beilegung von Streitigkeiten zu nutzen. Zudem müssen die Kontaktdaten sowie ein Link zur Website der Schlichtungsstelle angegeben werden. Weiterhin müssen Online-Händler die Verbraucher nach dem Entstehen einer Streitigkeit bezüglich eines geschlossenen Vertrages über eine für sie theoretisch zuständige Verbraucherschlichtungsstelle informieren und ob die Bereitschaft besteht, am Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen oder nicht.

Verstößt ein Online-Händler gegen diese Informationspflichten, muss er einmal mehr mit einer Abmahnung rechnen.

Geoblocking und Vertragszwang

Ein weiteres Thema für Online-Händler wird im nächsten Jahr das sog. Geoblocking sein. Hintergrund ist ein Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission vom 25.5.2016. Danach soll ein grenzüberschreitender „Verkaufszwang“ für Online-Händler geschaffen werden, soweit Kunden aus anderen Mitgliedsstaaten eine Adresse im Heimatland des jeweiligen Online-Händlers benennen können. Geoblocking sorgt bislang dafür, dass Website-Anbieter ausgewählte Inhalte für bestimmte Regionen blockieren können. Das führt dazu, dass Nutzer, die eine Website aus den betroffenen Regionen aufrufen, benachteiligt werden können.

Das geplante Verbot von Geoblocking kann zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führen. Werden einem Händler, der bislang nur national verkauft, Kunden aus anderen Mitgliedsstaaten „aufgedrängt“, kann für diese Kunden auch das Recht ihres Heimatlandes anwendbar sein. Das ist äußerst problematisch, da das Vertragsrecht in den Mitgliedstaaten unterschiedlich ausgestaltet ist und der Verkäufer dann plötzlich z. B. ihm unbekannten Gewährleistungsregelungen gegenübersteht.

Der Entwurf stellt damit einen Eingriff in die Vertragsfreiheit der Online-Händler dar und ist erheblicher Kritik ausgesetzt.

Am 29.11.2016 hat sich der Rat für Wettbewerbsfähigkeit der Union hiermit befasst und entschieden, dass Geoblocking Kunden diskriminiert und diese Ungleichbehandlung zu beseitigen ist. Beschlossen ist die neue Regelung zur Beschränkung des Geoblocking aber noch nicht. Mit einer Einigung mit dem EU-Parlament wird bis zum Sommer 2017 gerechnet. Dort erhoffen sich viele noch deutliche Abstriche von den neuen Zwangsregelungen.

Kostenpflicht bei Kundendienst-Telefonnummern

Zu erwarten ist eine Entscheidung des EuGH (Az. C-568/15) darüber, ob 0180-Nummern als Kunden-Hotline angegeben werden dürfen.

Seit der Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie dürfen keine Telefonnummern mehr angegeben werden, bei denen höhere Gebühren anfallen als der sog. Grundtarif, wenn der Verbraucher eine Frage zu einem bestehenden Vertrag stellen möchte bzw. sein Widerrufsrecht telefonisch ausüben möchte. Ob dafür noch 0180-Nummern angegeben werden dürfen, wird bald der EuGH entscheiden.

Der Gutachter in dem Verfahren, Generalanwalt Maciej Szpunar, hat sich hierzu in seinen Schlussanträgen geäußert und hält es für rechtswidrig, telefonischen Kundendienst nur über teure 0180-Nummern anzubieten. Nach der Verbraucherrechte-Richtlinie müssten Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass Kunden für Kontakte zum Händler nicht mehr als den Grundtarif zahlen müssen. Eine teure Rufnummer würde Verbraucher von Nachfragen abschrecken.

Die Gutachten geben in EuGH-Verfahren oft einen Hinweis, in welche Richtung ein Urteil gehen könnte. Das Gericht kann in seiner Einschätzung aber selbstredend auch abweichen.

“Black Friday“ als geschützte Marke

Probleme kann auch die Bewerbung von Rabatten mit dem aus den USA übernommenen Begriff „Black Friday“ geben. Viele Online-Händler lockten ihre Kunden unter diesem Stichwort kürzlich erneut mit Schnäppchen. Ein Unternehmen aus Hong Kong hat diesen Begriff 2013 beim DPMA als Marke registrieren lassen. Ein deutsches Unternehmen ist Lizenznehmerin und betreibt unter Verwendung dieses Begriffes ein Portal, auf dem Händler ihre Produkte anbieten können.

Es wurden offenbar bereits zahlreiche Händler abgemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert. Der Streitwert wurde von der abmahnenden Kanzlei mit bis zu 100.000 € angesetzt. Die Schutzfähigkeit des Begriffs „Black-Friday“ ist umstritten, sodass mittlerweile Löschungsanträge beim DPMA gestellt wurden. Solange allerdings die Marke noch eingetragen ist, ist Vorsicht geboten.

Amazon-Dash-Button

Auch der sog. Dash-Button von Amazon kann im nächsten Jahr diejenigen Händler beschäftigen, die ihre Produkte über Amazon anbieten.

Der Dash-Button ist ein Gerät, das über WLAN mit der Amazon-App verbunden wird und über den Direktbestellungen bei Amazon abgegeben werden können. Er wird per App konfiguriert und am betreffenden Gegenstand, z. B. an der Kaffeemaschine, befestigt. Geht dann der Kaffee zur Neige, genügt ein Knopfdruck und schon wird bei Amazon eine Kaffee-Bestellung aufgegeben.

Problematisch ist, dass auf dem Button lediglich die Produktmarke steht. Es fehlen zwingend anzugebende Pflichtinformationen über die wesentlichen Merkmale der Ware, Preisangaben, Widerrufsbelehrung etc., die bei jeder Bestellung zwingend anzugeben sind, sodass jedenfalls mit der bisherigen Konstruktion ein Verstoß gegen Verbraucherschutzvorschriften vorliegen dürfte. Können die Produkte nur bei Amazon selbst bestellt werden, sind Online-Händler hiervon nicht betroffen. Können jedoch über den Dash-Button auch Produkte bei Online-Händlern, die ihre Produkte über Amazon anbieten, bestellt werden, können die Händler für die jeweiligen Rechtsverstöße in Anspruch genommen werden. Wie das Modell von Amazon künftig ausgestaltet wird, bleibt abzuwarten.

Durch die äußerst bequeme Bestellmöglichkeit für Kunden wird natürlich die Kundenbindung zu Amazon erhöht. Kunden werden auch davon abgehalten, Preisvergleiche anzustellen, zumal sie auch nur über bestimmte Preiserhöhungen informiert werden sollen und Amazon sich sogar vorbehält, Ersatzartikel zu versenden, wenn das Originalprodukt einmal vergriffen ist.

Die Verbraucherzentrale NRW hat bereits eine Abmahnung gegen Amazon wegen diverser Punkte ausgesprochen. Da das Unternehmen hierauf nicht reagiert hat, wird nun eine gerichtliche Klärung angestrebt.


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