Online-Weiterbildung
Präsenz-Weiterbildung
Produkte
Themen
Dashöfer

Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung (Kommentar von Udo Cremer)

15.10.2013  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Eine Trennung ist nie einfach. Was passiert, wenn zudem noch gemeinsam ein Haus gebaut wurde, beleuchtet unser Experte Udo Cremer.

Die im Streitjahr 2003 miteinander verheirateten Kläger errichteten gemeinsam ein im Wesentlichen im August 2003 fertiggestelltes Einfamilienhaus, welches sie, entgegen ihrer ursprünglichen Absicht, nicht gemeinsam bezogen. Sie hatten sich während der Bauphase (im April 2003) getrennt und lebten seitdem - bis zu der nach Ablauf des Streitjahres erfolgten Ehescheidung - dauernd getrennt. Die Kläger beschlossen daher, das fertiggestellte Haus zu vermieten oder zu verkaufen und bemühten sich seit Sommer 2003 intensiv um "einen Käufer/Mieter". Dazu entfalteten sie im Streitjahr folgende Aktivitäten: Im August schalteten sie in der "X-Zeitung" ein Vermietungsangebot für das Haus, parallel dazu erteilten sie einem Makler einen Auftrag zur Mietersuche; dieser Maklerauftrag endete erst im Mai 2004. Am 23. September 2003 schalteten die Kläger in der "X-Zeitung" ein Verkaufsangebot für das Haus. Weitere Inserate gaben die Kläger in der "X-Zeitung" wenigstens dreimal in der Zeit zwischen Mitte September und Anfang November 2003 auf, wobei bei diesen Anzeigen nicht mehr feststellbar war, ob sie den Verkauf oder die Vermietung des Objekts bezweckten.

Der Kläger bewohnte das Haus ab Mitte des Streitjahres "behelfsmäßig", um zum einen nach der Trennung von der Klägerin die Miete für eine eigene kleine Wohnung zu sparen und zum anderen, um die Sicherheit des Objekts zu gewährleisten. Dabei wäre der Kläger nach seinen Angaben im Falle einer Fremdvermietung jederzeit sofort in der Lage gewesen, das Haus zu räumen.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger u.a. Verluste aus Vermietung und Verpachtung für das Einfamilienhaus in Höhe von 12.788 EUR geltend. Das FA lehnte die Anerkennung des Verlusts mit der Begründung ab, es seien keine ernsthaften und nachhaltigen Vermietungsbemühungen erkennbar. Infolge der Selbstnutzung durch den Kläger habe das Objekt auch gar nicht zur Verfügung gestanden. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das FG entschied, die Kläger hätten die im Zusammenhang mit dem streitbefangenen Einfamilienhaus getätigten Aufwendungen nicht zur Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung getätigt. Die Absicht der Kläger, derartige Einnahmen zu erzielen, habe im Streitjahr noch nicht eindeutig festgestanden. Vielmehr ergebe sich aus der schriftlichen Stellungnahme der Klägerin vom 31. Oktober 2004, dass die Kläger im Sommer 2003 intensiv begonnen hatten, sich um "einen Käufer/Mieter" zu bemühen. Damit sei eine eindeutige Absicht zur Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gerade noch nicht festzustellen.

Auch die Tatsache, dass mit den von den Klägern in der "X-Zeitung" im August/ September 2003 aufgegebenen Anzeigen teilweise ein Mieter und teilweise ein Käufer gesucht worden sei, spreche gegen eine feststehende Absicht zur Erzielung von Einnahmen aus der Vermietung des Objekts. Eine andere Beurteilung lasse sich auch nicht auf das Urteil des BFH vom 9. Juli 2003 IX R 102/00 (BFHE 203, 86, BStBl II 2003, 940) stützen, worin der BFH zwar feststellte, dass eine Vermietungsabsicht, nach dem Ende einer auf Dauer angelegten Vermietung, so lange nicht aufgegeben werde, wie sich der Steuerpflichtige ernsthaft und nachhaltig um eine erneute Vermietung bemühe, selbst wenn er daneben Verkaufsbemühungen unternehme. Diese Entscheidung sei auf den Streitfall nicht übertragbar, weil es hier kein vorangegangenes, eindeutig auf eine Vermietungsabsicht der Kläger hindeutendes Verhalten gegeben habe.

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (BFH-Urteil vom 9.7.2013, IX R 21/12). Die Annahme des FG, die Kläger hätten sich im Streitjahr noch nicht endgültig für eine Vermietung des streitbefangenen Objekts entschieden, so dass ein Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht in Betracht komme, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie durch sie veranlasst sind. Fallen Aufwendungen mit der beabsichtigten Vermietung eines (leerstehenden) Wohngrundstücks an, bevor mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen erzielt werden, können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird.

Die Berücksichtigung von Aufwand als (vorab entstandene) Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung setzt voraus, dass der Steuerpflichtige sich endgültig entschlossen hat, aus dem Objekt durch Vermieten Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erzielen und diese Entscheidung später nicht aufgegeben hat. Aufwendungen für eine nach Herstellung, Anschaffung oder Selbstnutzung leerstehende Wohnung können danach als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar sein, wenn der Steuerpflichtige die Einkunftserzielungsabsicht hinsichtlich dieses Objekts erkennbar aufgenommen hat.

Die Einzelfallumstände, aus denen sich der endgültige Entschluss zu vermieten ergibt, sind in erster Linie ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen. Für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit von Vermietungsbemühungen als Voraussetzung einer (fort-)bestehenden Einkünfteerzielungsabsicht, deren Feststellung und Würdigung im Wesentlichen dem FG als Tatsacheninstanz obliegt, trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast. Das FG entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung, ob im Einzelfall eine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt; es ist bei seiner tatrichterlichen Würdigung nicht an starre Regeln für das Gewichten einzelner Umstände gebunden.


Der Autor:

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

Die aktuellen Seminartermine von Udo Cremer finden Sie hier »

nach oben