29.10.2012 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg.
„Die meisten Wirtschaftswissenschaftler haben eine schlechte oder eine sehr schlechte Meinung über Gewerkschaften“, sagt Dr. Alejandro Donado vom Volkswirtschaftlichen Institut der Universität Würzburg. Gewerkschaften setzen immer wieder höhere Löhne durch, die Unternehmen schaffen darum weniger Arbeitsplätze, die Arbeitslosigkeit steigt, die Volkswirtschaft nimmt Schaden: „Diese Einstellung ist für die Mehrzahl der Wissenschaftler ganz typisch“, so der Würzburger Volkswirt.
Alejandro Donado und sein Kollege Professor Klaus Wälde von der Universität Mainz sind da anderer Ansicht. „Man darf sich bei diesem Thema nicht zu stark auf die Lohnpolitik konzentrieren, wie es die meisten Wissenschaftler tun. Man muss auch andere Aktivitäten der Gewerkschaften berücksichtigen. Dann fällt das Bild sehr viel besser aus.“
Donado und Wälde haben darum ein neues theoretisches Modell entwickelt, mit dem sie das gewerkschaftliche Engagement für die Sicherheit am Arbeitsplatz darstellen. Im „Economic Journal“ präsentieren sie es. Ihm zufolge gäbe es an den heutigen Arbeitsplätzen ohne den Einsatz der Gewerkschaften wesentlich höhere Gesundheits- und Sicherheitsrisiken, den Menschen und der Gesellschaft als Ganzes ginge es deutlich schlechter.
Die Wissenschaftler machen das an einem Beispiel aus der Vergangenheit der USA deutlich. Im Bergbau erkrankten Arbeiter durch das jahrelange Einatmen von feinem Staub häufig an der Staublunge. „Schon 1831 brachte ein Arzt die Staublunge mit den Arbeitsbedingungen in Verbindung. Doch es brauchte noch 130 Jahre und viele Krankheitsfälle, Proteste, Streiks und Analysen, bis dieser Zusammenhang anerkannt wurde und ein entsprechendes Arbeitsschutzgesetz für mehr Sicherheit sorgte“, so die Autoren.
Ähnliche Beispiele für die Effektivität koordinierter Arbeiteraktionen, die zur Anerkennung von Berufskrankheiten führten, gebe es in der Landwirtschaft, der keramischen Industrie und der Autoindustrie. Stets hätten sich die „Nebenwirkungen“ neuer Produktionsmethoden erst nach und nach offenbart, am Anfang seien sie in aller Regel komplett ignoriert worden. Dieser Mechanismus finde sich in der Gegenwart wieder – das zeige die Debatte zur Frage, ob „Burnout“ und andere Stress-Symptome als Berufskrankheiten einzuordnen sind.
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