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Wie sich mit cleverem Bestandsmanagement der Turnaround erfolgreich meistern lässt

06.06.2016  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Kühne Logistics University.

Schlechte Auftragslage, Umsatzlücken, unbezahlte Rechnungen. Untrügliche Zeichen für eine Unternehmenskrise, vor der selbst große Firmen nicht gefeit sind. Damit aus der Krise kein Bankrott wird, ist es Zeit für eine Restrukturierung, neudeutsch Turnaround genannt.

Da sich die wirtschaftlichen Ursachen für eine Firmenkrise immer wieder ähneln, gibt es auch eine ganze Reihe von Strategien, um sie zu bewältigen. Dass dabei ein kritischer Blick auf die Bestände unerlässlich sein sollte, zeigt jetzt eine aktuelle Studie im „International Journal of Production Research“.

Sebastian Steinker hat sich im Rahmen seiner Doktorarbeit an der Kühne Logistics University in Hamburg und der Universität zu Köln mit dem Thema Bestandsmanagement von Firmen in finanzieller Notlage befasst. Er stellte fest, dass Unternehmen, die den Turnaround erfolgreich meistern, häufig sehr schnell und sehr stark ihre Bestände reduzieren. Er untersuchte dafür die Lagerbestands-Daten von mehr als 5000 börsennotierten US-Unternehmen. Aus seinen Ergebnissen formulierte er konkrete Empfehlungen, wie Firmen ihre Bestände optimieren können und sich so zusätzlichen finanziellen Spielraum für eine erfolgreiche Restrukturierung schaffen. Die Ergebnisse lassen sich auch auf den deutschen Markt übertragen, da deutsche Unternehmen Lagerbestände ähnlich organisieren und die Kapitalstruktur vergleichbar mit amerikanischen Firmen ist.

Zwischen 10 und 30 Prozent des Kapitals eines Unternehmens sind in Waren und Lagerartikeln gebunden. „In den Beständen liegt ein erhebliches Potenzial“, sagt Prof. Dr. Kai Hoberg, Betreuer der Doktorarbeit und Professor für Supply Chain Strategie an der Kühne Logistics University. So kann schon eine Bestands­verringerung von nur wenigen Prozent erhebliche Mengen an Kapital freisetzen, das dann reinvestiert werden und auf diese Weise neue Wachstumsimpulse setzen kann. „Es gibt eine Vielzahl von Hebeln um die Bestände zu reduzieren, ohne dass dies Auswirkungen auf die Lieferfähigkeit beim Kunden hat“, sagt Hoberg. Allerdings seien sich Unternehmen dieser Möglichkeit der Eigenfinanzierung häufig nicht bewusst.

Sebastian Steinker, Mario Pesch und Kai Hoberg filterten für ihre Studie aus mehr als 5000 Unternehmen der Standard & Poors Compustat Datenbank 198 Fälle heraus, in denen Firmen in finanzieller Notlage eine Insolvenz abwenden konnten. Außerdem untersuchten sie weitere 142 Fälle aus der Bankruptcy Research Database der University of California, in denen Firmen keinen erfolgreichen Turnaround geschafft hatten und Gläubigerschutz beantragen mussten. Das Ergebnis: Die meisten der Firmen, die ihre finanzielle Schieflage überwinden konnten, hatten im Laufe der Krise ihre Bestände reduziert – teilweise sogar sehr drastisch. „Bestand kann teuer sein – besonders für kleine Firmen“, sagt Steinker. „Außerdem verliert Ware mit der Zeit an Wert - wenn Sie einen Computer drei Jahre liegen lassen, ist die Technik überholt.“ In den Fällen, in denen Firmen eine drohende Pleite abwenden konnten, war die Bestandsreduzierung teilweise sogar erheblich größer als in Firmen, die keinen erfolgreichen finanziellen Turnaround schafften. Die Forscher stellten außerdem fest, dass der Umfang der von den Unternehmen durchgeführten Lager- und Warenverkäufe von mehreren Faktoren abhing - wie beispielsweise Firmengröße oder Bestandshöhe vor der finanziellen Schieflage.

„Die Ergebnisse verdeutlichen die Bedeutung des Bestandsmanagements in der Unternehmenspraxis“, sagt Steinker. Für Firmen in finanzieller Schieflage sei es unerlässlich, ihre Waren- und Lagerartikelmengen jederzeit genau im Blick zu haben. „Durch Bestandsreduzierungen lassen sich unter Umständen kurzfristig liquide Mittel beschaffen, um eine drohende Pleite abzuwenden.“

Steinker und seine Kollegen sind nicht die Einzigen die das Bestandsmanagement im Blick haben. „Analysten fragen auf Bilanzpressekonferenzen immer öfter nach, wie Unternehmen ihre Bestände managen und sich diese entwickeln“, sagt Hoberg. „In den vergangenen Jahren scheint hier ein Umdenken stattzufinden.“ Daher wollen die KLU-Wissenschaftler in einem nächsten Schritt untersuchen, wie Analysten die Rolle von Supply Chain Management einschätzen.

Titel der Veröffentlichung:
Sebastian Steinker, Mario Pesch & Kai Hoberg (2016):
„Inventory management under financial distress: an empirical analysis“,
International Journal of Production Research
http://dx.doi.org/10.1080/00207543.2016.1157273


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